Johannesschüssel
Südtirol, um 1490
Johannesschüsseln gehören in den Bereich mittelalterlicher Andachtsbilder. Sie ermöglichen die kultische Verehrung des Johanneshauptes, wie es dem Bericht des Matthäusevangeliums (Mt 14,6–11) nach Salome, der Tochter König Herodes‘ überreicht wurde. Das Motiv findet sich in den Predellen spätgotischer Schnitzaltäre, an Schlusssteinen und plastischen Bildwerken. Im volksfrommen Glauben wurde dem plastischen Bild magische Kraft zugeschrieben. Die naturalistische Wiedergabe des abgeschlagenen Hauptes betont den eingetretenen Tod in den halbgeschlossenen Augenlidern und dem geöffneten Mund, der den Blick auf Zunge und Zähne freigibt. Hier tritt noch eine zusätzliche Stirnwunde hinzu, welche auf Momente der Peinigung vor der Enthauptung verweist, das austretende Blut sucht die Angleichung an ein Christushaupt aus der Passion.