Das Gottesurteil: Der Heilige Vitus im Kessel
Eisacktal, 17. Jh.
Beim Gottesurteil wird Gott versucht, ein Naturgesetz aufzuheben. Bleibt der Verdächtige dabei unverletzt, so gilt er als unschuldig. Bei der Feuerprobe muss der Beklagte über glühendes Eisen gehen, bei der Wasserprobe über Wasser, ohne dabei unterzugehen. Ein gerichtlicher Zweikampf wurde so lange geführt, bis einer der Kämpfenden tot war.
Im Hochmittelalter wurden Delikte, deren Aufklärung im Interesse der Allgemeinheit stand, zunehmend von Amts wegen verfolgt. Das Gottesurteil trat in den Hintergrund.
Um 305 ließ Kaiser Diokletian nach der Legende den hl. Vitus, zusammen mit seinem Erzieher und seiner Amme hinrichten, da sie nicht den römischen Göttern opfern wollten. Wollte man das Martyrium im Ölkessel als „Gottesurteil“ sehen, so stimmt dies mit dem Ausgang der Marter überein: Vitus entstieg unbeschadet dem siedenden Kessel. Derlei Legendenmotive finden sich auch in der Vita des Apostels Johannes, der vor der Lateinischen Pforte in Rom das Bad im siedenden Ölkessel erdulden musste. Die Darstellung des im Kessel steckenden Knaben Vitus war vor allem in der Skulptur beliebt. Volksfromm verehrt wurde Vitus in der frühen Neuzeit vor allem als Kinderpatron gegen das Bettnässen und gegen epileptische Anfälle, den „Veitstanz“. Er wird zu den 14 Nothelfern gezählt.
Die Skulptur des Heiligen stammt aus dem 17. Jh. und fand sich einmal, wie die Inschrift an der Rückseite angibt, in der Kunstsammlung des Geistlichen Anselm Pernthaler in Klausen.